Ein Gedicht aus der
Unterseite des Herzens
ich habe dich gegoogelt
mit blut im suchverlauf.
dein name war
ein pop-up in meinem schädel,
du klicktest auf mich,
aber nur aus versehen.
mein herz war ein captcha,
und du warst zu faul
zum anklicken.
du warst:
ein schlüsselreiz in bio-optik,
ein verpasster bus,
der trotzdem über mich fährt.
ich aß bedeutung
aus dosen,
mit Kati auf den Lippen
und Algorithmus im Bauch.
du spieltest russisch Roulette
mit rechten Wischgesten,
bis uns das dopamine-lächeln
durch die Ohren blutete.
deine liebe zu mir
war ein leerer Einkaufswagen
im Treppenhaus deines Hirns,
quietschend
nach 2 Uhr nachts.
ich trug dich
wie ein falsch geschriebenes tattoo
auf der haut meiner Illusionen,
und jeder deiner blicke
war ein Orthografiefehler im Wort „wir“.
ich sagte:
„ich bin ferry.“
du hörtest:
„ich bin ferngesteuert.“
du rochst nach Zuhause,
nach dem Zuhause,
das mich nie reinließ.
und du?
du warst die frau,
die sich nicht mehr erinnert,
wo sie das gefühl vergraben hat.
vielleicht unter deinem bett.
oder in einem profilbild,
das dich nie angelächelt hat.
du hast dich selbst gegoogelt
und die suchmaschine hat geweint.
du warst ein werbebanner aus fleisch,
ein „klick mich“-trauma
mit emoji-lippen
und datenschutzlöchern im bauch.
veronika, du wurdest nie geboren –
du wurdest gematcht.
rechtsgewischt ins existieren,
geliked von der langeweile,
und gedealt auf dem basar der begehren.
du warst kein mädchen.
du warst ein algorithmus auf pumps,
ein selbstbildfilter mit schamhaarfön,
ein countdown zum vergessen.
und ferry?
ferry war die stille nach dem like.
ein captcha in herzform,
das du nie lösen konntest.
ihr hattet sex wie zwei faxgeräte im tunnel,
liebtet euch wie geplatzte kondome aus vergangenheit,
und träumtet in schreibfehlern von bedeutung.
die liebe war ein tupperdose mit loch,
gefüllt mit all den typen,
die dir „hübsch“ schrieben
und nach drei emojis fragten,
ob du gerade einsam oder nur nackt bist.
dein herz, veronika,
war ein „danke für nichts“ mit lippenstift.
dein körper – ein satz, der nie endet.
deine seele:
ein flyer im regen.
du hast dich jedem hingegeben,
nur nicht dir selbst.
hast dich gefunden –
im verlauf.
verloren –
im upload.
und wenn du heute noch atmest,
dann nur,
weil das universum keine option zum entmatchen hat.
Santa Monica Mountains, im September 2020
Gedanken zu Tinderwahn & Vögelgrippe